Alle Wiesen und Matten, alle Berge und Hügel sind Apotheken. (Paracelsus, 16. Jahrhundert)
Almwiesen und alpine Berglandschaften sind an Ursprünglichkeit kaum zu übertreffen. In den Alpen wachsen rund 4.500 Pflanzenarten. Die Kräuter, die hier wachsen, sind an das raue Alpenklima angepasst, manche stammen noch aus der Eiszeit. Die meisten von ihnen sind klein und unscheinbar. Je höher die Berge, desto kleiner werden Blätter, Blüten und Stängel. Der Zwergenwuchs schützt sie vor Kälte, Wind und Schneetreiben.
Viele Alpenkräuter haben Heilkräfte entwickelt, mit denen Einheimische noch bestens vertraut sind. In den abgelegenen Tälern und dünn besiedelten Gebieten des Alpenraums waren die Menschen oft noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein in Notlagen und bei Krankheitsfällen auf sich selbst angewiesen. Geblieben aus der alpenländlichen Volksheilkunde sind Heilkräuter, allen voran Arnika (Arnica montana) und Gelber Enzian (Genitana lutea), die zu den bekanntesten Heilpflanzen überhaupt zählen. Das Wissen um die heilende Wirkung der Kräuter wurde vor allem mündlich innerhalb von Familien weitergegeben.
Heilwirkung der Enzianwurzel
Der blaue Enzian gilt für viele als die Symbolpflanze für die hohen Berge. Zahlreiche Rezepte von Bauendoktoren und Kräuterfrauen zeugen bis heute von der Hochschätzung, die dem Enzian bis zum heutigen Tag zukommt. Dies führte allerdings zu einer intensiven Sammeltätigkeit, weshalb Enzian in vielen Gegenden des Alpenraumes bereits im 18. Jahrhundert rar geworden war. Durch Naturschutzbemühungen erholen sich die Bestände nun langsam wieder. Tatsächlich wachsen hier rund 35 verschiedene Arten. Alle Enzianarten stehen unter strengem Schutz und dürfen in den Gebirgen nicht gepflückt und gesammelt werden.
Es ist nicht übertrieben, den Gelben Enzian als stattlichste aller Alpenpflanzen zu bezeichnen. Er findet sich in der subalpinen Stufe im Bereich der Hochstaudenfluren, auf Weiden und Wiesen bis in die Tallagen, aber auch auf Waldlichtungen und alpinen Matten. Er steht mit einer Größe von bis zu 1,5 Metern aufrecht inmitten der Bergwiese. Der Wurzel des Gelben Enzians werden Heilkräfte zugeschrieben, die schleimlösend bei Atemwegserkankungen wirken. Ihre Bitterstoffe entkrampfen und lindern Verdauungsstörungen. Enziantee wird gerne als Appetitanreger vor dem Essen gereicht.
Wirkung von Arnika
Arnika ist das Gold der Alpen und kommt bis in eine Höhe von 2.800 Metern vor. Die von Juni bis August gelb blühende Pflanze gilt als gefährdet. Wildsammlungen sind verboten. Als starkes Heilkraut hat Arnika eine lange Tradition, die bis zu Hildegard von Bingen zurückreicht. Ihre antiseptische, entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung ist pharmakologisch bestätigt. Arnikasalben, -tinkturen und -gele dürfen in keiner Hausapotheke fehlen. Bei Verletzungen und Unfallfolgen (Prellungen, Quetschungen, Zerrungen) wirkt Arnika abschwellend, wundheilend und dämmt das Entzündungsgeschehen ein. Bei Gelenk- und Muskelschmerzen tut eine Einreibung mit Arnika einfach gut.
Schlüsselblume als Arznei
Die sonnengelben Blütentropeten der Schlüsselblume verkünden den Beginn des Bergsommers. Sie haben einen schwach süßlichen, an Honig erinnernden Geruch und Geschmack. Ihre bevorzugte Höhenlage liegt zwischen 1.200 und 2.500 Metern. Blüten und Wurzeln der Schlüsselblume werden als Erkältungstee bei Katarrhen der oberen Luftwege und produktivem Husten eingesetzt. Besonders die Wurzeln eignen sich in Kombination mit anderen schleimlösenden Heilpflanzen für den Einsatz bei akuter und auch chronischer Bronchitis. In der Volksheilkunde werden die Blüten auch bei Schlaflosigkeit, Nervosität und Kopfschmerzen eingesetzt. Bei leichten Kopfschmerzen kann unter Umständen ein Tee aus Schlüsselblumenblüten wirksam sein. Für die Teemischung einen Teelöffel Blüten mit einem viertel Liter Wasser aufgießen, eine Minute ziehen lassen.
Latschenkiefer in der Aromatherapie
In den Randalpen wächst die Latschenkiefer ab der Baumgrenze bis in die Höhen von 2.700 Metern. Sie ist mit die einzige Baumart, die in diesem Terrain überleben kann und ist als mechanische Barriere ein wichtiger Schutz vor Schneebrettern und daraus resultierenden Lawinen. Sie ist eine der bedeutsamsten Heilpflanzen für typische Winterkrankheiten. Traditionelle Anwendungsgebiete sind Atemwegs- und Erkältungskrankheiten sowie Muskel, Nerven- und rheumatische Schmerzen. Diese werden mit Latschenkiefernoel behandelt. Das ätherische Öl wird von den Geruchsrezeptoren aufgenommen und an das limbische System im Gehirn weitergeleitet. Mit Latschenkiefernöl findet man wieder zur inneren Ruhe. Gerade während einer Erkältung wird die Beduftung der Wohnräume mit Latschenkiefernöl als sehr erfrischend empfunden. Die Dämpfe wirken auswurffördernd und schleimlösend. Direkt auf die Haut aufgetragen, bewirkt Latschenkiefernoel eine Rötung und die damit einhergehendeverstärkte Durchblutung führt zu einer lokalen Erwärmung. Dadurch entfaltet sich unter der Hautoberfläche die entkrampfende und schmerzlindernde Wirkung der Latschenkiefer. Bei Muskelkater und Verspannungen ist dieser Wirkkomplex äußerst hilfreich. Auch ein Entspannungsbad oder ein Saunaaufguss mit zwei bis drei Tropfen des ätherischen Öls auf eine Kelle Wasser kann bei muskulären Verspannungen oder unspezifischen Rückenbeschwerden Linderung bringen.
Naturheilkundliche Bedeutung der Zirbe
Das ätherische Öl mit dem Hauptwirkstoff Pinosylvin ist der naturheilkundlich bedeutendste Teil der Zirbe. Zirbenoel is antibakteriell , entzündungshemmend, durchblutungsfördernd, schmerzlindernd und schleimlösend. Wie das ätherische Öl anderer Nadelbäume wirkt Zirbenoel auf das Atemzentrum. Inhalationen fördern eine vertiefte Atmung und dadurch die Sauerstoffaufnahme der Lunge . Bei Erkältungen oder Nasennebenhöhlenbeschwerden bemerkt man rasch die wohltuende Wirkung.